FAQ

Ein paar Fragen werden uns seit unserer Rückkehr nach Deutschland immer wieder gestellt: Wo hat es euch am meisten gefallen? Wo hat das Essen am besten geschmeckt? In welches Land würdet ihr noch einmal reisen? Wo hat es euch nicht gefallen? Und nicht zuletzt: Wie habt ihr das alles finanziert? Es fällt uns schwer, kurze, pauschale Auskünfte darauf zu geben. Weil vieles komplexer ist, als es auf den ersten Blick scheint. Und, weil wir nicht immer einer Meinung sind (→ Wo hat es euch am meisten gefallen?).

Nichtsdestotrotz möchten wir an dieser Stelle versuchen, diese Fragen – und noch ein paar mehr – zu beantworten. Falls du etwas wissen möchtest, worüber wir nicht geschrieben haben, hinterlasse uns gerne am Ende dieses Blogeintrags einen Kommentar oder sende uns eine E-Mail.

Auf zwei Fragen sind wir schon vor unserer Abreise eingegangen: Wie habt ihr euch auf die Reise vorbereitet (→ Vorbereitungen)? Und: Was habt ihr alles mitgenommen (→ Packliste)?

Auf dem Weg zum Sattel des Ben Lomond in Queenstown, Neuseeland

Los geht’s!

Wie lange wart ihr jetzt eigentlich unterwegs?

Insgesamt zwei Jahre und drei Monate: vom 30. April 2018 bis 8. Juli 2020. In dieser Zeit haben wir mehr als 46.000 Kilometer hinter uns gelassen und waren in 16 Ländern. Ohne Corona hätte die Reise noch etwas länger gedauert, bis Mitte September 2020. Die Containerschiffsreise von Halifax, Kanada, nach Hamburg war schon gebucht.

Wo hat es euch am meisten gefallen?

Mella: Mir hat es überall sehr gut gefallen. Jedes Land hat schöne und weniger schöne Seiten. Welche man kennenlernt und wie man sich vor Ort fühlt, hängt von vielen Faktoren ab – zum Beispiel, wen man dort trifft und in welcher Lebensphase man sich befindet.

Alex: Die Länder und Kontinente, die sich von dem, was man von Zuhause kennt, am meisten unterscheiden, fand ich am spannendsten. Dazu gehören vor allem China und Australien. Wir beide fanden unsere Zeit in der Mongolei aber auch sehr schön. Die menschenleeren Landschaften und Übernachtungen in Jurten sind uns sehr in Erinnerung geblieben.

In welches Land würdet ihr noch einmal reisen?

Mella: Überallhin.

Alex: Momentan nach Australien 🙂

Auf der Insel Rottnest Island in Westaustralien haben wir die Bekanntschaft von Quokkas, Kurzschwanzkängurus, gemacht.

Wo hat es euch nicht gefallen?

Mella: Nicht gut ging es mir in Ho-Chi-Minh-Stadt, Vietnam. Das hing aber vor allem damit zusammen, dass die Wohnung, in der wir zwei Wochen lang gewohnt haben, in einem sehr armen Viertel lag, und hatte weniger mit der Stadt an sich zu tun. Ho-Chi-Minh-Stadt ist sehr groß, dort leben knapp neun Millionen Menschen. Es gibt auch viele schöne Gebäude, interessante Museen und sehr gutes Essen. Im Distrikt 17 leben die Menschen allerdings zum größten Teil in Wellblechhütten mit nur einem oder zwei Zimmern und haben so gut wie nichts zum Leben. Der Fluss, der durchs Viertel fließt, ist schwarz, darin stapelt sich der Müll vom Grund bis an die Wasseroberfläche. Ratten und Kakerlaken huschen durch die Gassen. Zum Feierabend stauen sich Busse, Autos und Roller auf der Straße. Rollerfahrer und Fußgänger haben schon vor der Pandemie Masken getragen, um sich gegen die Abgase zu schützen. Das alles hat mich sehr belastet. Nach einer Woche in Ho-Chi-Minh-Stadt habe ich den Sinn unserer Reise komplett in Frage gestellt. Ich habe mich schlecht gefühlt, weil wir genügend Geld hatten, um zu reisen, wohin wir möchten, und zu kaufen, worauf wir gerade Lust hatten, während viele Menschen um uns herum vermutlich täglich ums Überleben kämpfen mussten. Selbstverständlich haben Alex und ich versucht, auf lokalen Märkten einzukaufen und so zu übernachten, dass es der Bevölkerung vor Ort zugutekommt. Das Wissen, darüber hinaus nichts an der Situation der Menschen verändern zu können sowie die Vorstellung, dass manche BewohnerInnen nie in ihrem Leben einen anderen Ort gesehen haben und vermutlich nie sehen werden, hat mir mental extrem zugesetzt.

Alex: Mir geht es mit Ho-Chi-Minh-Stadt ähnlich wie Melanie. Die Zeit in der Stadt war für uns beide nicht so einfach. Nur ein paar Tage später haben wir in Phnom Penh, der Hauptstadt Kambodschas, erlebt, wie Familien neben Müllcontainern gelebt haben – direkt gegenüber von unserer Unterkunft. Abgesehen von der extremen Armut hat es uns in Phnom Penh gefallen, aber solche Momente erinnern einen daran, dass man nur Glück hatte, in sein eigenes Leben „reingeboren“ worden zu sein und es vielen anderen nicht so geht. Wir haben in Deutschland sehr viel, teilweise zu viel.

Wo hat das Essen am besten geschmeckt?

Mella: Besonders lecker fand ich das Essen in China und Südostasien – Vietnam, Thailand und Myanmar. Und selbstverständlich auch in Österreich, bei unseren Wwoofing-Gastgebern, der Familie Mandl.

Alex: Auf jeden Fall in Thailand und Vietnam. Russische Piroschki, die wir unterwegs in der Transsibirischen Eisenbahn gegessen haben, waren aber auch sehr lecker.

So sieht ein typisches Frühstück in Vietnam aus.

War es schwierig, sich unterwegs vegetarisch zu ernähren?

Gar nicht. In der Mongolei war das vegetarische Essen in ländlichen Gegenden zwar nicht besonders abwechslungsreich, aber gefunden haben wir auch dort immer etwas ohne Fleisch (unsere Ernährung bestand zwei Wochen lang vor allem aus Gemüse-Dumplings, eingelegtem Gemüse, Brot und Reis mit Karotten, Kohl oder Kartoffeln). Für VeganerInnen ist es wahrscheinlich sehr viel schwieriger, überall etwas ohne tierische Produkte zu finden. Aber selbst in der mongolischen Hauptstadt Ulan Bator gibt es eine Reihe veganer Restaurants.

Habt ihr das deutsche Essen vermisst?

Mella: Über eine Butterbrezel oder eine Portion Käsespätzle hätte ich mich bestimmt gefreut. Aber unterwegs haben wir so viele neue leckere Sachen entdeckt – zum Beispiel Pandan in Thailand oder Bánh mìs in Vietnam –, dass ich eigentlich nichts vermisst habe.

Alex: Das deutsche Brot (mit seiner ganzen Vielfalt) habe ich vermisst!

Wie habt ihr euch mit den Menschen vor Ort verständigt?

Mit Englisch sind wir fast überall super zurechtgekommen – mit Ausnahme von Russland, China und der Mongolei. In Russland haben wir davon profitiert, dass Alex Russisch kann. In China haben wir fürs Einkaufen auf dem Markt oder das Essen im Restaurant einen Screenshot des Satzes „Ist das ohne Fleisch?“ gemacht. Er hat uns sehr oft geholfen! In der Mongolei waren wir drei Tage mit dem Guide Ogi unterwegs, der nur Mongolisch konnte. Mit ihm haben wir uns sprichwörtlich mit Hand und Fuß verständigt, das hat funktioniert.

Mit Ogi haben wir uns zweisprachig verständigt: Er auf Mongolisch, wir auf Englisch.

Wie habt ihr eure Reiseroute festgelegt?

Eine grobe Route und Reisedauer (ungefähr zwei bis zweieinhalb Jahre) hatten wir schon vor der Abreise im Kopf. Unterwegs haben wir mehr oder weniger spontan geschaut, wo wir als Nächstes hinwollen. Dadurch, dass wir nur auf dem Landweg beziehungsweise mit Containerschiffen unterwegs waren, haben sich die meisten Reiseziele sowieso quasi von alleine ergeben. Die Visa für Russland haben wir bereits in Deutschland beantragt, da das von unterwegs viel schwieriger gewesen wäre. Auch die Tickets für die Transsibirische Eisenbahn haben wir vorab gekauft, weil die Züge im Sommer oft schon Monate im Voraus ausgebucht sein sollen. Abhängig waren wir zudem von den Strecken der Containerschiffe, denn die ändern sich häufig. Wir wussten lange nicht, ob wir überhaupt von Südostasien nach Australien beziehungsweise nach Neuseeland übersetzen können.

Wie habt ihr euch unterwegs über Reiseziele informiert?

Meistens haben wir uns einfach im Internet umgeschaut, auf Blogs oder bei Reisemagazinen. Für manche Länder haben wir uns einen Reiseführer aufs Kindle geladen. Viele Tipps haben wir auch von Einheimischen oder anderen Reisenden bekommen.

Wo habt ihr übernachtet?

Das war ganz verschieden. Oft haben wir über Airbnb eine Unterkunft gefunden. Selten haben wir auch in Hostels oder Hotels übernachtet. In Australien war unser Auto Diggity zeitweise unser Zuhause. Über die Plattformen Couchsurfing, Wwoofing, Trusted Housesitters und Kiwihousesitters haben wir vorübergehend bei Einheimischen gewohnt. Manche Nächte haben wir im Bus, Zug oder auf dem Schiff verbracht.

Dank der Plattform Trusted Housesitters konnten wir immer wieder bei Einheimischen zu Hause wohnen.

Wart ihr unterwegs auch mal krank?

Zum Glück nicht. Klar hatten wir auch mal eine Erkältung, aber das war’s auch schon.

Ist euch auf der Reise etwas Schlimmes passiert?

Nein. Wir wurden weder bedroht noch ausgeraubt oder bestohlen. Fast alle Menschen, denen wir begegnet sind, waren sehr aufgeschlossen und hilfsbereit. Schiefgelaufen ist so gut wie nichts. In Rumänien kam einmal ein Bus nicht, in dem wir Plätze reserviert hatten. Auf Märkten oder für Taxifahrten haben wir manchmal zu viel bezahlt – wir sind beide nicht gut im Handeln. Alles in allem haben wir viel Glück gehabt. Das Schlimmste war wahrscheinlich der Sturm Mangkhut, den wir in Hongkong miterlebt haben, aber da wir in einem sicheren Hochhaus waren, Wasser und Strom hatten, war er für uns nicht bedrohlich.

Die Hongkonger Verwaltung informierte auch online über die Entwicklung des Sturms.

Wie hat sich eure Beziehung durch die Reise verändert?

Mella: Es hat gedauert, bis wir gelernt haben, dass wir unterschiedliche Bedürfnisse haben und das auch in Ordnung ist – vor allem für mich. Alex hat sich damit schon immer viel leichter getan. Er hat keine FOMO, keine Fear of Missing out (Angst, etwas zu verpassen). Ich dagegen möchte an einem fremden Ort alles erkunden, was zeitlich möglich ist. Und konnte anfangs überhaupt nicht verstehen, dass es Alex nicht so geht. Wir haben zwar vom ersten Monat an immer wieder mal ein paar Stunden getrennt voneinander verbracht, weil ich in die Stadt oder wandern gehen wollte und Alex lieber daheim geblieben ist, um kreativ zu sein oder zu arbeiten (er hat viel mehr von unterwegs gearbeitet als ich). Aber es hat eine ganze Weile gedauert, bis mir das weniger ausgemacht hat.

Alex: Dadurch, dass wir nur selten getrennt Dinge gemacht haben und auf der Reise sehr viel Zeit zusammen verbracht haben (oft auch auf engem Raum), sind wir auf jeden Fall näher zusammengewachsen. Man lernt sich ganz anders kennen und versteht, wieso der beziehungsweise die andere so oder so in verschiedenen Situationen reagiert. Auf Dauer wird man beim Reisen einfach ein besseres Team. Eine super Übung für eine Beziehung 😉

Habt ihr euch auch mal gestritten?

Selbstverständlich. Mehr als zwei Jahre von morgens bis abends zusammen zu sein – ohne Rückzugsort, dafür mit vielen physischen und psychischen Herausforderungen – das ist eine Belastungsprobe für jede Beziehung, egal, ob Partnerschaft oder Freundschaft. Uns hat die Reise zum Glück noch näher zusammengebracht. Wir haben viele neue Seiten voneinander kennengelernt und uns miteinander weiterentwickelt. Meinungsunterschiede können wir mittlerweile viel schneller und effektiver auf den Grund gehen und gemeinsame Lösungen dafür finden. Was nicht heißt, dass wir uns überhaupt nicht mehr streiten 😉

Was habt ihr auf der Reise gelernt?

Mella: Mehr Rücksicht nehmen, geduldiger sein, melken, wie man Schafe füttert und ihre Ställe ausmistet, das Wort „Danke“ auf Thai („Habhun-kaaa“ als Frau) und Mandarin („Schi-schie“), Hoftruck-Fahren, Kartoffeln setzen, mit einem Filter und Wäscheklammern Kaffee machen, mich vordrängeln (in China), Nein sagen (in Russland), bei jeder Verkehrslage über die Straße gehen (in der Mongolei), Thai-Curry kochen.

Alex: Hoftruck- und Traktor-Fahren, die Ruhe bewahren in stressigen Situationen (mehr Ausdauer), Tricks gegen Reiseübelkeit, „Danke“ auf Vietnamesisch („Kam-orn“), Kochen, sehr viel in Bezug auf Bauernhöfe und Tiere, mit meinen Englisch-Sprachkünsten zurechtkommen, auf der linken Straßenseite Autofahren.

Was wir leider nicht gelernt haben: Roller fahren („It’s not safe!“).

Hoftruck fahren? Läuft.

Seid ihr traurig, dass ihr die Reise wegen der Pandemie abbrechen musstet?

Am Anfang waren wir ehrlich gesagt ziemlich niedergeschlagen – vor allem, weil wir die beiden letzten Schiffsfahrten (von Neuseeland in die USA und von Kanada nach Hamburg) schon gebucht hatten. Dass es trotzdem nicht geklappt hat mit der fluglosen Weltumrundung, fanden wir sehr schade. Dazu muss man sagen, dass wir das Ausmaß der Pandemie zu dem Zeitpunkt noch nicht richtig abschätzen konnten. Im Rückblick hatten wir einfach riesiges Glück, dass die Pandemie erst in unserem letzten Reisejahr ausgebrochen ist; kurz, bevor wir sowieso nach Deutschland zurückgekommen wären. Und, dass wir die ersten Corona-Monate im vergleichsweise sehr sicheren Neuseeland verbringen konnten.

Wie habt ihr das alles finanziert?

Einen Großteil hatten wir vorab gespart. Wir hatten beide über 10.000 Euro auf dem Konto, als es losging – die Auslandskrankenversicherung (ungefähr 2000 Euro pro Person für zwei Jahre) war davor schon bezahlt. Unterwegs haben wir beide immer wieder frei für Kunden in Deutschland gearbeitet. Daneben haben wir darauf geachtet, möglichst günstig unterwegs zu sein, oft selbst zu kochen, oder über Couchsurfing, Wwoofing und Trusted Housesitters die Kosten für die Unterkunft zu sparen. Rechnet man alle Ausgaben und Einkünfte gegeneinander auf, habe ich in den zweieinhalb Jahren Weltreise nur 8000 Euro ausgegeben, Alex ist sogar mit einem kleinen Plus auf dem Konto zurückgekommen.

Vermisst ihr das Reisen?

Mella: Manchmal schon. Aber genauso, wie ich mich auf der Reise immer sehr schnell an einen neuen Ort gewöhnt habe, bin ich mental auch wieder unglaublich schnell in Deutschland angekommen. Wir haben in Stuttgart eine neue-alte Heimat gefunden, in der wir uns beide sehr wohlfühlen. An die Reise denke ich aber sehr oft und gerne zurück.

Alex: Es gibt viele Momente, in denen ich an die Reise denke. Oft erinnert mich irgendetwas an eine Situation, die wir unterwegs erlebt haben – dann vermisse ich das Reisen. Trotzdem bin ich sehr glücklich mit dem, was wir uns nach der Reise zurück in Deutschland aufgebaut haben. Vieles wäre auf der Reise natürlich nicht möglich gewesen.

Habt ihr schon die nächste Reise geplant?

Ob und wann wir das nächste Mal länger auf Reisen gehen werden, wissen wir noch nicht. Für 2022 sind aber schon ein paar kürzere Urlaube geplant. Wenn es die Pandemie zulässt, werden wir über Pfingsten zusammen eine Woche nach Österreich zum Wandern fahren, im September reist Mella mit ihrer Schwester für zweieinhalb Wochen nach Süditalien – selbstverständlich mit dem Nachtzug.

Was habt ihr seit eurer Rückkehr erlebt und was macht ihr heute so?

Mella: Nach unserer Ankunft in Deutschland im Juli 2020 war vieles nicht nicht klar: Wo wir wohnen würden, wo es beruflich bei mir weitergehen würde. Alex arbeitet nach wie vor selbstständig – und liebt es. Die ersten Monate habe ich vor allem bei meiner Schwester in Hamburg verbracht, Alex bei seiner Familie in Bad Wildbad. Im Herbst habe ich die Zusage für eine Stelle als Redakteurin bei einer Lokalzeitung in Backnang bekommen, deshalb haben wir uns auf die Suche nach einer Wohnung in oder um Stuttgart gemacht und sind in Bad Cannstatt fündig geworden. Hier, in der Nähe vieler guter FreundInnen und nicht weit weg von unseren Familien, fühlen wir uns sehr wohl. Dazu ist die Stelle, die ich seit Januar 2021 habe, auch noch ein richtiger Glücksgriff mit tollen KollegInnen und spannenden, abwechslungsreichen Themen.

Alex: Es geht uns also sehr gut! 🙂

Alex di Caprio auf der CMA CGM Rossini